Matthias Meyer - Gläserner Tag. Malerei
Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr 2017
Das Bild als Fenster - Text von Anja Bauer
Stand in Meyers Ausstellung im Kunstverein Leverkusen 2014 noch das Element Wasser in all seinen natürlichen Erscheinungsformen im Zentrum der Gemälde, so weicht dieses Motiv in den Fensterbildern nun einem weiteren transparenten Medium, dem Fensterglas.
Auch hier bilden Ausschnitte der Wirklichkeit die Grundlage einer Malerei, die in ihrer sowohl ästhetischen als auch inhaltlichen Mehrschichtigkeit das eigentliche Motiv zugunsten der Auseinandersetzung mit Licht und Farbe nahezu verschwinden lassen. Das Fensterglas, das stets den Vordergrund spiegelt und zur selben Zeit Einblicke in ein Dahinter zulässt, wird auf der Leinwand zur Spielwiese und Projektionsfläche für die künstlerische Auseinandersetzung mit der Leuchtkraft des Lichts.
Gleichsam ermöglicht das Licht, das durch durchlässige Farbschichten auf die Leinwand bricht, dem Betrachter Einblicke in eine von Empfindung, Leuchtkraft und Farbe gesättigte transzendentale Welt. Analog zur psychoanalytischen Filmtheorie gelesen, bei der die Kinoleinwand durch seine natürliche Begrenzung als Fenster zum Unterbewussten betrachtet wird, wird hier das Motiv des Fensters auf der Leinwand zum Spiegel unterbewussten Kunstschaffens und ermöglicht so auch dem Betrachter Zugang zu traumartigen Welten.
Diese intuitive Komponente, angesiedelt zwischen spiritueller und psychologisierender Interpretation, spiegelt sich dann auch in der konkreten künstlerischen Vorgehensweise Matthias Meyers wider: So bedient sich der Künstler zwar der Fotografie und auch der informellen Malerei als Vorlage für seine Gemälde, die Ausfertigung entsteht jedoch davon losgelöst in einem improvisierenden, fast traumwandlerischem Duktus. „Es ist ein Risikomoment“, gesteht er. „Eigentlich baue ich das Bild abstrakt von hinten her auf, sobald ein Detail kenntlich wird, stoppe ich den Prozess wieder.“
Die Abkehr vom Figurativen sowie von der geometrischen Abstraktion und die gleichzeitige Anerkennung von Fotografien und abstrakter Malerei als Gedächtnisstütze, mündet in der Praxis in ein Prinzip der Formlosigkeit, in dem die Farbe autonom eingesetzt wird. Dank dieses technisch-konzeptuellen Ansatzes, scheint es Matthias Meyer zu gelingen, den Antagonismus zwischen Figuration und Abstraktion zu überwinden.
Im Spiel mit den unterschiedlichen Genres Architektur, Glaskunst, Fotografie und Malerei kehrt Matthias Meyer somit zu einem fast spirituellen Impetus zurück, in der die handwerklich-künstlerische Bündelung des Lichts im zweidimensionalen Medium mittels des Einsatzes von Farbe, wie schon in der sakralen Glasmalerei, in einem spontanen künstlerischen Akt die Wiedergabe einer weiteren Wirklichkeit auf der Leinwand ermöglicht.